DSA-Rohr und/oder Spiroid am gepfeilten Nurflügel

Bericht von Uli Roidl.


Wie alles begann:

Beim Nurflügeltreffen 2013 fragte Thomas Kehrer herum, ob schon jemand Erfahrungen mit Winglets am/auf DSA-rohr hätte? H.-J.Unverfehrt hatte auf der Homepage "Zanonia-Flyers" über den Einsatz von DSA-rohren beim CO-5buzz geschrieben. Nix gelesen, erstmal anderes bauen- vergessen. Bis Thomas die erste e-mail mit Bildern und Flugeindrücken schickte. Interessant.

Bis zum Nuritreffen 2014 blieb noch Zeit- anderes bauen. Kurz vor dem Treffen diskutierte ich mit Alfons Gabsch über die Möglichkeiten, Winglets mit und ohne DSA-rohr vergleichen zu können. Man bräuchte zwei identische Flieger, gleich schwer, Laborbedingungen (morgens um 5 Uhr auf der Wiese und dann immer nebeneinander gerade aus... Wer hat schon zwei identische Flieger... und welcher Fliegerfreund geht am Wochenende mit mir um 5 auf die Wiese?)

Beim Nuritreffen flogen Thomas, Florian Rösch und Andreas Weiser die DSA-rohre und da packte es mich endgültig.
H.-J.'s DSA-generationen hab ich unzählige Male angesehen, im Netz gestöbert und landete auf interessanten Seiten der manntragenden Forschungsgilde. Begriffe wie "splitted wings" und "Spiroids" wehten mir um die Ohren, das meiste auf englisch. Geforscht wird hier, um Spritkosten bei Start und Landung und bei Langstreckenflügen zu senken. Sprit war für mich kein Kriterium - aber Langstreckenflüge...??
Da entstand dann die Idee, neben dem DSA-rohr auch die Spiroide zu erproben, die aus der Bionik stammen sollen. Die links dazu kommen am Ende dieser Ausführungen.

Mein Versuchsträger wurde der Triad von Gerhard Auerswald, der mir in der Erprobung mit den Winglets der 2. und 3.Generation am Flächenende zu viel Auftrieb entwickelte und da die wunderschönen GfK-teile samt ihrem Wingletfuß mir auch noch (zu) schwer erschienen (und oft beim Landen Schaden nahmen), könnte man doch ... Letztendlich brachte mich Joachim Müller beim Nuritreffen auf eine aberwitzige Idee:

Wingletfüsse an Schalentier Absägen

Ich sägte dem Schalentier - schweren Herzens- die Wingletfüße ab verlängerte den (damals) nicht durchgehenden Holm mit 6mm CfK-röhrchen, steifte den Zwischenraum aus und klebte GfK-Endrippen an, in die ich je 2 Bohrlöcher 4 mm Ø geschnitten hab. Somit konnte ich anschrauben, was da immer entstand.

GfK Endrippe angebaut

Winglet Vergleich
Das Originalwinglet wiegt 41g, der Fuß 29g.

Folgende Konfigurationen wurden gebaut und geflogen:

1. Winglet (Öffnungswinkel 15°) auf DSA-rohr (Elektroinstallationsrohr mit 16 mm Ø ) (36g)

Winglet 1 auf 16er DSA-Rohr

2. Winglet (Öffnungswinkel 15°) auf DSA-rohr (Kohlerohr mit 11,5 mm Ø) (26g)

Winglet 2 auf 11,5er DSA-Rohr

3. Spiroid (rund, 90mm Ø) auf DSA-rohr (GfK-Vierkantrohr 10 mm) (29g)

Spiroid rund auf Vierkantrohr

4. Spiroid (Parallelogramm 100mm Breite) auf Abachianschlußrippe (53g)

Spiroid als Parallelogramm

Um vergleichen zu können, hab ich identische Winglets (Größe: B: 10.8cm H: 21 cm Dicke: 0.3cm) gebaut, ca 25% kleiner als die Originale. (Foto 03) Winglets entstanden aus je 2 Lagen 1,5 mm Balsa mit Weißleim querverleimt, vorne abgerundet, hinten spitz (symmetrisch) zu geschliffen und mit Oracover bebügelt. Da die Öffnung des DSA-rohres über den Punkt der größten Profildicke nach hinten gezogen werden soll/muss, habe ich die Winglets rückversetzt angeklebt. Für die Spiroids braucht es eine Form: Für die runden nahm ich eine Espressodose und für das Parallelogramm baute ich die Form aus 5mm Sperrholz. (Balsabrettchen über Nacht in der Badewanne schwimmen lassen und am nächsten Tag über die Form spannen und am 2.Tag andere Seite herstellen, am 3. Tag verkleben. Wenn alles getrocknet ist verschleifen und mit 25-er Matte überziehen und am 5.Tag Fliegen gehen. Die Befestigung am Flügel erfolgt über 4 mm Plastikschrauben.

Die Flüge wurden nicht gelogged (hab nix); auf dem Rumpf war eine kleine Schlüsselanhängerkamera befestigt, die Flügelende und Winglet aufnahm. Einige Male hat ein Freund von unten gefilmt.

Meine Eindrücke hab ich mit Thomas und Florian, die auch DSA-rohre erproben und mit Alfons Gabsch intensiv ausgetauscht und diskutiert und die Erfahrungen Joachim Müller (Triad-pilot) und Gerhard (Triad-konstrukteur) mitgeteilt. Was da an Anregungen kam, diskutiert und verfeinert oder verworfen wurde, würde ein Buch füllen. Ein herzliches Dankeschön an alle. Unterhaltsam war`s auf jeden Fall. Ich hätte auch nie gedacht, dass mich das Unternehmen zu fast wissenschaftlichem Vorgehen verleiten würde. Was soll`s. Jetzt kommen wir zu den Flugerfahrungen.
Folgendes Vorgehen hat sich bewährt:

Triad elektrisch -

Triad mit Winglet 1


Zu 1 und 2
Phänomenal sind die Langsamflugeigenschaften:
Angeregt durch Thomas Versuche, mit einem offenen und einem verschlossenen DSA-rohr zu fliegen, hab ich die Konfiguration 1 und 2 gemischt geflogen. Es war kein auffälliger Unterschied feststellbar.

Triad zwei versch. Winglets


Spiroid rund:

Triad mit runden Spiroiden
bei zurückverlegtem Schwerpunkt:
Diese Konfiguration zog bislang die meisten Kommentare auf sich. Vom "gelockten" Winglet, "Korkenzieher", "Lockenwickler" war alles dabei. Gewöhnungsbedürftig ist das ERSCHEINUNGSBILD allemal.


Spiroid als Parallelogramm (ohne DSA-rohr) auf Abachi-rippe:

Triad mit eckigen Spiroiden

Gewicht 50 gr. - also knapp 30 gr. schwerer als alle anderen Konfigurationen zuvor. Gebaut über einer Holzform, zwei Lagen Balsabrettchen 1,5 mm, mit 25-er Matte überzogen, Rundungen doppelt.

Einstellung (Schwerpunkt und Ruder) insgesamt wie zuvor.

Gefühlsmäßig war mein erster Eindruck:
Auffallend ist das veränderte Geräusch auf dem Video, nicht mehr das Brabbeln der Strömung sondern ein deutlich leiseres Rauschen - im schnellen Vorbeiflug pfeift nix, er rauscht vorüber.

Bei Böen flog er völlig unbeeindruckt, auch im Querflug zur Windrichtung tut sich nix.

Schnelle Steilkurvenwechsel absolviert er gut - nicht so agil wie mit den runden Spiroiden. Nachteil: die Landegeschwindigkeit ist deutlich höher als bei den DSA-rohren: (Auch Ziehen half nicht wirklich)

bei rückversetztem Schwerpunkt nimmt Grundgeschwindigkeit ab, die gute Steuerbarkeit bleibt erhalten und die Landegeschwindigkeit nimmt wieder deutlich ab.

Was haben wir also:

DSA-rohr und Spiroids wirken sich nachhaltig und deutlich positiv auf die Langsamflugeigenschaft eines Pfeilnuris aus. Das bedeutet:

Im mittleren bis hohen Geschwindigkeitsbereich sind Unterschiede wohl nur marginal wahrnehmbar und so waren positive oder negative Veränderungen nicht feststellbar.

Den Schwerpunkt habe ich schrittweise zurückgelegt. Die Flugeigenschaften waren bei den Spiroiden am positivsten bei einer Schwerpunktrücklage von bis zu 3mm hinter dem angegebenen hintersten Punkt. Ab 5mm verschlechterten sich die Flugeigenschaften -vor allem der Gleitwinkel- drastisch. Der Triad ließ sich zwar noch steuern, reagierte aber träge und war gerade im Langsamflug erschreckend "müde". Das hatten wir nicht erwartet.

Gemischte Konfigurationen haben keine eindeutigen Erkenntnisse (bislang) geliefert, wohl auch, weil der wirksame Geschwindigkeitsbereich zu eingeschränkt ist und wir wohl "hängende" Flügel aussteuern.

Was da draußen am Winglet genau vor sich geht wissen wir nicht. (Falls jemand einen Windkanal bei sich zu Hause rumstehen hat, wir hätten Bedarf!!)
Da ich bei meinen Versuchen den Schwerpunkt (zur Einstellung der gewohnten Grundgeschwindigkeit) beim DSA-rohr und v.a. bei den Spiroiden immer weiter zurück verlegen konnte, geh ich davon aus, dass sich die Auftriebsverhältnisse am Flächenende verändert haben müssen.
a) durch eine Auftriebserhöhung und/oder eine Spannweitenvergrößerung bei den Spiroiden
b) durch eine Verringerung des induzierten und/oder Gesamtwiderstandes

zu b) wir vermuten, dass durch das DSA-rohr und die Spiroids die Randwirbel "abgesaugt" werden und/oder die Verwirbelung "gleich gerichtet" wird, d.h. der Widerstand wird reduziert und dadurch tritt ein Strömungsabriss (im Langsamflug) deutlich verzögert auf.

Diese Ergebnisse rechtfertigen allein schon den Einsatz des DSA-rohrs und /oder der Spiroiden dran oder drauf.
Was mir bei den Flugvergleichen "Spiroiden" zu "graden Winglets" auffällt ist, dass die Winglets selbst flattern (Auftrieb) während die Spiroiden "ruhig" bleiben und im Flug völlig anders klingen/rauschen. Die geben ihre Energie direkt an den Flügel ab.

Für dieses Jahr steht an, die unterschiedlichen Konfigurationen zu messen und zu loggen. Dann mehr. Viel Spaß beim Selber-Probieren.


Uli Roidl


links:

http://zanonia-flyers.de/geschichte-und-geschichten/

http://de.wikipedia.org/wiki/Spiroid

http://www.aviationpartners.com/aircraft-winglets/types-blended-winglets/

http://www.epj-conferences.org/articles/epjconf/pdf/2014/04/epjconf_efm-13_02077.pdf

https://www.google.de/search?q=spiroid+wing&revid=922398432&sa=X&ei=h2lZVZqFO8q7sQGF5oGADw&ved=0CH4Q1QIoAw&biw=1067&bih=503&dpr=1.2






Zu den Messflügen

Ich hatte mir 2016 nach den ersten Erprobungsflügen ein Unilog 2 von SM zugelegt und zwischen September und Oktober 2016 für jede Konfiguration und verschiedene Schwerpunktlagen 4 bis 7 Messflüge bei ähnlichen Wetterbedingungen absolviert. Ausgewertet habe ich die Daten mit dem GPS-Konverter von SM und dem DataExplorer. Dazu zwei Screenshots zu dem Parallelogramm mit hinterer Schwerpunktlage.


Bild 1) Die Wiedergabe im GPS-Konverter
Logdaten im GPS-Konverter



Bild 2) Der selbe Flug wiedergegeben im Dataexplorer.
Logdaten im Dataexplorer


Den Ablauf der Messflüge habe ich bereits oben beschrieben.

Die Flüge wurden in einem Excel-sheet nach den Kriterien:
angesehen und ausgewertet.


Winglet an/oder

SP (cm) von
vorne gemessen
DSA-rohr
Ø 16mm

SP:44,9
DSA-rohr
Ø 11mm

SP:44,9
Spiroid rund


SP:44,9
Spiroid rund


SP: 45,4
Spiroid Parallel


SP:44,9
Spiroid Parallel


SP:45,4
Winglet 2.Generation

SP:44.9
Thermik (km/h) 51,18 50,72 49,73 54,36 59,83 43,71 52,09
Landung (km/h) 46,39 44,89 45,93 41,17 42,46 42,57 51,83
Speed (km/h) 70,93 68,12 67,63 66,69 65,61 54,61 72,844
Abriss/Abnicken
v min (km/h)
30,95 32,3 34,85 39,86 25 23 42,95
v max (km/h) 101,01 90,56 95,56 90,77 115,14 91,25 98,54
Gewicht (g) 2 886 2 936 2 900 2 900 2 936 2 936 3 025


Die Ergebnisse habe ich mit Unterstützung und nach intensiven Diskussionen mit Florian Rösch, Alfons Gabsch und Thomas Kehrer gemittelt und in die obige Tabelle übertragen. Nach wissenschaftlichen Kriterien hätte ich dabei auch die Luftdichte und die vorherrschende Luftfeuchtigkeit miteinbeziehen müssen. Das habe ich nicht getan. Ich bin bei ähnlichen Wetter- und Windverhältnissen auf einer ebenen Wiese geflogen und die Versuche haben mir sehr viel Freude gemacht. Ich denke, sie sind auch so aussagekräftig und vielleicht regen sie ja auch andere Modellbauer an, Ideen nachzugehen und zu erproben und vor allen Dingen selber zu forschen.



Holm und Rippenbruch

Uli Roidl