Der Bogen
Ein Erfahrungsbericht von Thomas Kehrer
Nachdem ich einige Hortenflügel konstruiert und gebaut hatte, wollte ich ein bißchen mehr experimentieren und entschloß mich dieses Modell zubauen.
Angeregt durch Parabel- und Sichelkonstruktionen setzte ich mich vor den Computer und skizzierte die ersten Grundrisse. Dabei stellte ich fest, daß ein einfacher Radius gar nicht so stark von einer Parabel abweicht. Durch geschickte Änderung der Radien ergibt sich eine elliptische Tiefenverteilung. Aufgrund des Zeichnens der vielen Radien bzw. Bögen ergab sich der Name des Modells automatisch.
Die Bogenkonfiguration ergibt mehr auftriebserzeugende Fläche vor der Steuerfläche (Flügelenden mit Ruder), damit sollte sich eine bessere Steuerbarkeit ergeben. Das Modell hat keine senkrechten Steuerflächen erhalten.
Da das Programm von Raimund Sonst an 16 Stellen der Halbspannweite u.a. die Schränkungswinkel ausgibt, rechnete ich 16 Modelle mit unterschiedlichen Pfeilungen und setze anschließend die entsprechenden Schränkungswinkel in meine Zeichnung ein (die Schränkungswinkel sind in der beigestellten Skizze eingetragen). Die einzelnen Modelle wurden mit der Auftriebsverteilung sin3 , also "glockenförmig", gerechnet. Das Wurzelprofil ist das HM50, gestrakt auf das HM50T.
Die Leistungsrechnung zeigte, daß der Bogen einem entsprechenden Hortenpfeil, sowohl in der besten Gleitzahl wie auch geringstem Sinken, leicht unterlegen war. Jedoch waren die Kurven "runder", gute Leistungswerte würden also über einen größeren Geschwindigkeitsbereich erreicht werden.
Bei der Konstruktion des Bogens ergab sich nun eine wichtige Frage.
Wohin mit der Ruderachse?
Hierzu muß ich vielleicht etwas ausholen. Bei einem gestrakten Flügel, der nicht linear um die Flügelnase geschränkt und zudem nach hinten gebogen ist, kann an der Oberseite keine gerade Scharnierline entstehen. Das Scharnier wäre dann stark gekrümmt und würde nicht reibungsfrei arbeiten. Daraufhin habe ich die Schwänkungsachse in die Scharnierline gelegt, dadurch krümmt sich die Nasenleiste nach unten. Da ich nun (zeichnerisch) schon mal beim Verbiegen der Fläche war, habe ich dieses Spiel zur Flügelmitte hin weitergetrieben. Es kam eine Fläche heraus, die in der Mitte 0° und außen ca. 8° V-Form besitzt.
Es entstand also eine Tragfläche an der absolut nichts mehr gerade ist.
Jede Flügelhälfte besteht aus 14 Styro-Segmenten, die zusammengeklebt und anschließend mit 40g Gewebe und 0,8mm Abachifurnier beplankt wurden. Anschließend wurde das Ganze mit Gewebefolie bebügelt. Die Steckung besteht aus zwei 5mm Stahldrähten.
Ich ging davon aus, daß der Schwerpunkt (wie auch bei meinen Hortenmodellen) bei etwa 32% t/4 lag. Ein Auswiegen, ohne irgend etwas Rumpfähnlichen, war nicht möglich. Also entschloß ich mich ein Stahlrohr (!) Ø18x1,5mm vor die Fläche zusetzen, in dieses Rohr plazierte ich die Empfängerakkus.
Erste Hand- und Gummikatapultstarts ergaben eine gnadenlose Kopflastigkeit, die mit dem Hähenruder nicht kompensiert werden konnte. Also Schwerpunkt zurück, bis sich eine ordentliche Flugbahn ergab. Der Schwerpunkt ist nun bei 34,5% t/4.
Anschließend ging es an die Winde. Unsere alte Vogt-Winde entwickelte nicht genug Schleppgeschwindigkeit und der Hochstarthaken lag auch zu weit vorne. Der Hochstarthaken liegt mittlerweile auf dem Schwerpunkt. Zur gleichen Zeit wurde die Winde meines Vereinskollegen Peter Dost fertig, es ist eine Eigenbauwinde mit zwei SPEED 700 BB, 9,6 Volt Motoren, 24 Volt Akku, einer Übersetzung von 1:4,6 , Trommeldurchmesser 38mm, einstellbarer elektronischer Zugkraftbegrenzung, max. Zugkraft ca. 7kg und reichlich schnell. Bei 700m Seil ergeben sich sehr gute Ausgangshöhen, auch ohne Gegenwind.
Zum Fliegen läßt sich folgendes sagen:
- Geschwindigkeit - relativ hoch.
- Um die Längsachse - ausreichend stabil.
- Um die Hochachse - ausreichend stabil.
- Um die Querachse - stur.
In der Praxis bedeutet dieses, daß alles was die Höhensteuerung betrifft, sehr vorausschauend geflogen werden muß. Thermik wird von dem Bogen schlecht angezeigt, er bügelt einfach hindurch. Der Höhenverlust beim Kurven ist recht hoch. Neigt sich die Flugbahn, so dauert es halt ein bißchen bis sie wieder waagerecht ist. Dieses liegt meiner Meinung nach an den relativ kleinen Höhenrudern und an der groß:en Masse vor dem Flügel.
Interessant ist die Wirkung der Wölbklappen, sie wirkt bis ca. 4mm Ausschlag Momentenfrei, erst darüber hinaus muß mit dem Höhenruder kompensiert werden. Dieses ist trotz der schwachen Höhenruder problemlos möglich. Die Wölbklappen können, zur Gleitwinkelsteuerung, bis zu 60° ausgeschlagen werden.
Das Flugbild möchte ich als außergewöhnlich bezeichnen, dieses wird durch das Rohr noch zusätzlich verstärkt. Irgendwie erinnerte mich dieses Flugbild an einen Flugsaurier und siehe da bei einem Besuch im Fossilien-Museum bei Solnhofen konnte ich ein solches Exemplar bewundern, es hat den gleichen Flügelgrundriß wie der Bogen.
Technische Daten:
Spannweite:
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2126mm
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Flügeltiefe, innen:
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200mm
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Flügeltiefe, außen:
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70mm
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Gewicht:
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1150g
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Flügelfläche:
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32,8dm
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Flächenbelastung:
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35g/dm
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Streckung:
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13,78
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Profil, innen:
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HM50
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Profil, außen:
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HM50T
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Radius der Nasenleiste:
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1556mm
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Radius der Endleiste:
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2254mm
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Thomas Kehrer