Nach Bogen folgt Verbogen
von Thomas Kehrer
Mit diesem Nurflügelmodell versuchte ich die aus dem Bogen gewonnenen Erkenntnisse weiterzuentwickeln.
Die geometrische Auslegung erfolgte gleich (elliptische Tiefenverteilung, gerades Ruderscharnier) jedoch mit mehr Spannweite, größere Profiltiefe in der Mitte und weniger Streckung Bei der Profilierung ging ich jedoch einen ganz anderen Weg, als Basisprofil in der Mitte wählte ich das HM10011A, dieses wurde auf 2% entwölbt und auf 11% aufgedickt (cm0 = -0,046 , Alfa0 = -2°). Außen kam der HM10011A Profiltropfen mit 14% zum Einsatz. Der Strak erfolgte nicht linear sondern es wurde die Wölbung und die Dicke dem Verlauf der t/4 - Linie angepasst.
Auf Wölbklappen in der Mitte wurde verzichtet. Zu Versuchszwecken wurden Störklappen neben den Quer/Höhenrudern eingebaut.
Nun hatte ich mir in den Kopf gesetzt wieder einmal in Rippe zubauen, dieses erforderte jedoch einen erheblichen Aufwand am Computer (CAD) und Baubrett. Die Rippen für Flügel und Helling wurden bei der Fa. MKO in Melle nach meinem DXF - Datensatz gefräst (Bild1).
Bild 1
Als Helling wurde eine Spanplatte verwendet, diese habe ich einseitig mit verdünnten Weißleim eingestrichen und trocknen lassen. Anschließend habe ich einen Plot mit dem Flügelgrundriss und den Positionen der Hellingrippen aufgebügelt (Weißleim funktioniert auch als Heißleim). Da die Hellingrippen nicht besonders gut auf dem Plotpapier halten, wurde die Rippen mittels Distanzstücke miteinander verklebt. Damit der Holm in die richtige Form gebogen werden kann wurden senkrechte Leisten eingesteckt. Siehe (abschreckende) Fotos (Bild 2 bis 4).
Bild 2
Bild 3
Bild 4
Die Holmgurte bestehen oben und unten aus je drei 5 x 2 mm Kieferleisten. Zwei liegen nebeneinander die Dritte liegt mittig darauf. Einzeln lassen sich diese Leisten gut in die gewünschte Form biegen, verklebt ergibt sich eine Art Leimbinder. Der Holm wurde beidseitig verkastet. Kein Bauteil wurde gewässert, der Flügel also komplett trocken aufgebaut. Zum verkleben der Endleisten mußte das Wäschewaschen eingestellt werden, da 150 Wäscheklammern zum Pressen der beiden Balsateile benötigt wurden (Bild 6).
Bild 5
Bild 6
Als der Flügel von der Helling genommen wurde war die Spannung beim Erbauer größer wie die Spannung in der Fläche, ein Verzug war nicht festzustellen. Anschließend wurde die Tragfläche mit Gewebefolie bebügelt. Den Rumpf steuerte Alfons Gabsch von seiner Alparabel bei.
Bild 7
Bild 8
Der Schwerpunkt musste erflogen werden, da kein mir zugängliches Programm einen verlässlichen Wert bot (auch Michael Möller's Truckenbrodt lag voll daneben). Anfangs flog das Modell sehr schnell, durch Vorverlegung des Schwerpunktes und gleichzeitigen anheben der Höhenruder um 2 mm wird nun eine akzeptable Grundgeschwindigkeit mit normaler (alles subjektiv) Sinkgeschwindigkeit erreicht. Auch gierte der Vogel anfangs sehr, dieses wurde durch eine 40%ige Differenzierung fast vollständig beseitigt, hierbei nimmt er die Nase noch nicht nach oben. Die Störklappen erwiesen sich als Flop. Bei einseitiger Betätigung vollzieht Verbogen zwar eine Kurve, doch steht er danach ca. 30° auf der Nase. Bei beidseitiger Betätigung nimmt er die Nase erst nach oben (Auftriebsverlust hinter dem Scherpunkt) um später dann doch einmal etwas seinen Gleitwinkel zu verschlechtern.
Der Windenstart ist problemlos.
Bild 9
Es gibt zwei Möglichkeiten den Verbogen zu fliegen. Erstens großräumig, hierbei habe ich den Eindruck, dass er herrschende Aufwinde nicht effektiv nutzt. Zweitens punktuell, dieses funktioniert folgendermaßen: Querruder-Vollausschlag bis er gegen den Wind steht, loslassen und sofort ordentlich Höhe geben, anschließend Steigflug mit etwas Tiefe beenden und das Ganze wiederholen. Funktioniert am Hang und in der Thermik, das Modell steigt treppenartig der Sichtgrenze entgegen. Dieses Flugmanöver kann man gelegentlich auch bei Greifvögeln beobachten.
Vom Handling her ist Verbogen sehr gewöhnungsbedürftig, einmal von der Stepperfunktion abgesehen, hat man den Eindruck das er eher durch die Luft schwimmt (Vergleich von Jupp Wimmer).
Dieses ist keine Abwertung sondern nur die Aussage, dass er anders fliegt und zufliegen ist.
Thomas Kehrer