Artikel von Thomas Kehrer
Winglets, Turbulatoren, DSA- Rohre und so'n Zeugs bei Nurflüglern.
In diesem Artikel werde ich mich der Thematik von der praktischen Seite her zu nähern. Er zählt die gewonnenen Erkenntnisse auf,
die ich über einen längeren Zeitraum gemacht habe.
Turbulatoren am Wingletfuß:
Hierzu schlug Manfred Weichert an dem X- MESS Turbulatoren (Bild 1) vor. Diese funktionierten bei diesem Flieger prima. Der Abriss kommt
wesentlich weicher und verzögert. Aufgrund der guten Erfahrung setzte ich diese Turbulatoren auch an meinem JUST IN TIME 3 Johannes
(JIT3, Auslegung Hans-Jürgen Unverferth / Baukasten Raimund Sonst) ein, mit ähnlichem Erfolg. Der JIT3 hat manchmal die unangenehme
Eigenschaft beim Überziehen (besonders bei Mitwind) nach hinten abzukippen, dieses Problem wurde mit diesen Turbulatoren nicht gelöst.
Bei einem Fliegerkollegen funktionierte dieser Turbulator an einer Schaumwaffel gut. Er war begeistert.
Bild 1
Hier schiebe ich noch einen etwas verrückten Versuch ein: An dem JIT3 habe ich einmal versucht die entstehenden Wirbel mit einen lose
mitdrehenden kleinen Propeller zu zerhacken. Der Propeller wurde einseitig montiert. Es wurden alle vier infrage kommenden Positionen am
Winglet ausprobiert. Aber der Prop erzeugte nur Widerstand (war aber noch aussteuerbar). Subjektiv war die Position hinter dem Wingletfuß
diejenige mit dem geringsten (erhöhten) Widerstand.
Noch etwas zu den Turbulatoren: Es gibt auch Hortenflieger die etwas kritisch in gewissen Situationen reagieren. An solchen Hortenmodellen
habe ich schon an jede erdenkliche Stelle Turbulatoren geklebt, ohne sichtbaren Erfolg.
DSA- Rohre:
Auf dem Nurflügeltreffen 2013 erzählte mir Guido Hechler von komischen Rohren am Wingletfuß. Bei Zanonia-Flayers.de gab es sogar
eine Skizze und zwei Tage später waren an meinem JIT3 diese Rohre aus Elektro- Installationsrohr und Balsabrett- Winglets dran (Bild 2).
Die neuen Winglets hatten das gleiche Gewicht wie die originalen Winglets, somit brauchte der Flieger nicht umgetrimmt zu werden.
Erster Start, ich erwartete ein Pfeifen, aber Nichts, der JIT3 flog eigentlich wie immer.
Erst so nach und nach merkte ich die Veränderung, das Teil flog irgendwie "runder und besser", die Veränderungen waren nicht wirklich greifbar.
An den nächsten Flugtagen sah das Programm dann etwas anders aus. Was fiel auf: Das Abkippen nach hinten war weg, nun nickt er beim Überziehen
nur noch ab. Das neue Winglet hat ca. 30% weniger Fläche als das profilierte Original, ohne irgendwelche Stabilitätseinbußen. Aufgrund der offenen
Rippenbauweise neigt der JIT3 relativ früh zum Flattern. Mit dem DSA- Rohr setzt das Flattern wesentlich später ein (dann aber massiver). Dieses kann an der anderen Massenverteilung am Winglet liegen. Na denn, kleben wir mal eine Seite zu (Bild 3) und - nix, alles voll steuerbar, kaum ein nachtrimmen, der Abriss kommt gleich. Auf der zugeklebten Seite haben wir es mit einer "Turbulenzkeule" zu tun, die hier die Strömung lange "hält". Widerstandsmäßig aber eher ein no go. Tja, da ist noch das subjektive "runder und besser" fliegen. Sollte etwa das DSA- Rohr die Phygoide beeinflussen? Ich weiß es nicht. Diese Versuche habe ich alle mit dem JIT3 geflogen, dieser ist nicht das Top- Modell, aber aufgrund seiner Auslegung und der vielen Flugstunden (ohne DSA) bestens dafür geeignet Veränderungen festzustellen.
Bild 2
Bild 3
Wegen dieser guten Erfahrungen habe ich einen etwas modifizierter Bussard (HJU) gebaut. Er hört nun auf den Namen Muusaar (Bild 4). Die Modifikation betreffen das Mittelteil, die Schränkung (-3°) und das Gewicht (2 kg) - natürlich mit DSA- Rohren. Der Muusaar ist ein problemloser, einfach zu bauender Nurflügler und fliegt so wie ein NF fliegen sollte. Er lässt schon mal einen Leitwerkler alt aussehen. Hier tragen die DSA- Rohre sicher zum unproblematischen Fliegen bei. Hier fehlt mir aber der direkte Vergleich mit und ohne Rohr. Egal, das Konzept ist hier stimmig.
Bild 4
Dann kam der Triad (Gerhard Auerswald). Mit den original Winglets (Bild 5) neigte er beim Überziehen zum abkippen nach hinten. Die Landegeschwindigkeit war relativ hoch. Turbulatoren am Wingletfuß waren hier kontraproduktiv, eine echte Verschlimmbesserung. Gerhard Auerswald spendierte dem Triad neue Winglets mit rechteckigen DSA- Rohren. Und siehe da, ein neuer Flieger. Selbst in der schweren E- Version ist der Triad nun nicht mehr überziehbar, nur ein leichtes Abnicken, das war's. Die Landegeschwindigkeit wurde deutlich gesenkt. Hier muss ich auch auf die Versuche mit DSA- Rohren und Spiroiden am Triad, von Uli Roidl verweisen.
Bild 5
Die Bilder zu Minix regten mich dazu an ein Rohr einseitig an einem Brettnurflügel (PW98mod, 2100 mm SPW) zu montieren (Bild 6+7). Ein Gewichtsausgleich wurde durch angeklebtes Blei erreicht. Der Versuch fand bei starkem Wind in der Ebene statt. Flitschenstart, senkrechter Steigflug, die Fläche mit dem Rohr eilt deutlich vor. Das Gleiche bei mit den Wind und gegen den Wind fliegen. Eine Rollbewegung konnte ich dabei nicht festgestellen. Das Ganze wurde mehrfach wiederholt. Diesen Versuch habe ich auf dem Nurflügeltreffen 2015 noch einmal geflogen (ruhiges Wetter), leider stellte sich das zuvor erflogene nicht wieder ein. Zumindest war kein nacheilen der Rohrseite festzustellen. Eventuell lag der Unterschied an der Montage. Hier gibt es also noch reichlich Testpotential bei den Brettspezialisten.
Bild 6
Bild 7
Alle Piloten die DSA- Rohre fliegen und mit denen ich mich unterhalten habe waren durchweg positiv gestimmt. Interessant hier, die Rohre sehen alle unterschiedlich aus und bewirken doch Positives. Hier gibt es reichlich Entwicklungspotential. Hierzu noch ein Bild von meinen Kandidaten (Bild 8), von hinten nach vorne, Muusaar, JIT3 und Triad.
Bild 8
Rohre und Geschwindigkeit: Bei dieser Diskussion ist mir nicht klar von welcher Machzahl hier die Rede ist. Flitschenstart (bestimmt kurzzeitig über 100 km/h) und 250 m Ablasser beim Muusaar zeigen kein negatives Verhalten. Hier muss auch erwähnt werden, dass Wilbert Schönfeld schon 2012 DSA- Rohre an einen Speednuri einsetzte und Andreas Weiser z.Z. auf Rang 2 (283 m) beim Flitschenwettbewerb steht und das mit DSA- Rohren. Auch ist es interessant, dass die Geräuschkulisse im Schnellflug nicht wirklich zunimmt.
Abschließend möchte ich jeden Piloten dazu ermuntern etwas experimentierfreudiger zu sein. Turbulatoren sind aus Malerkrepp schnell hergestellt. Dazu bedarf es nicht einmal einer Zackenschere. Rohre sind schnell aus Elektro- Installationsrohren geschnitzt. Wie man bei meinen Versuchen sieht, können Veränderungen einseitig vorgenommen werden. Alles aussteuerbar, es gab keinen Absturz oder kritische Momente, die Modelle werden bei mir in der Regel geflitscht.
Thomas Kehrer