Die Störche kehren zurück vom Versuch einen Weißstorch als Vogelmodell zu bauen



Nachdem ich meine Versuche mit der künstlichen Richtungsstabilität abgeschlossen hatte, konnte ich endlich meinen eigentlichen Plan verwirklichen: den Bau eines Weißstorches. Das charakteristische Flugbild welches leider immer seltener am Himmel zu sehen ist, bewog mich gerade diesen Vogel nachzubauen. Weißstörche sind perfekte Thermiksegler. Schon Lilienthal machte über diese Tiere erste Studien für seine Flugapparate. Beim Bau eines fliegenden Tiers muß man in vieler Hinsicht von dem Naturvorbild abweichen. Das Äußere sollte stimmen, aber der mechanische Aufbau und die Steuerung müssen völlig anders sein. Der Flügel mit seiner Elastizität, seiner komplizierten Muskulatur und der Steuerung über Hunderte von Nervenbahnen läßt sich nicht mit unserer Technik reproduzieren.

Auf jeden Fall wollte ich auf ein Seitenleitwerk verzichten, denn dies würde gerade bei diesen Modell besonders groß ausfallen. Der Grund ist leicht einzusehen: Durch den langen Hals befindet sich sehr viel Fläche vor dem Schwerpunkt was die Richtungstabilität verschlechtert. Es kommt noch hinzu, daß auch die für den Thermikflug so typische Vorpfeilung einen negativen Einfluß hat - es ist als würde man einen Pfeil verkehrt herum abschießen.   Hier kann meine Sensorsteuerung einmal ihre Funktion unter Beweis stellen.

Aerodynamische Auslegung:
Prinzipiell handelt es sich hierbei um einen Nurflügel vom Typ "fliegendes Brett".  Der Schwanz besitzt wegen seiner Form und seines kurzen Hebels kaum Einfluß auf die Längsstabilität. Die Flügel besitzen keine Verwindung und über die gesamte Spannweite das selbe Profil. Die gebogene Flügelform wählte ich nicht nur aufgrund der Vorbildtreue, sondern auch wegen der dadurch erhöhten Gierdämpfung. Durch die aufgespreizten Handschwingen erreicht der echte Weißstorch eine Verringerung des induzierten Widerstandes-angesichts der geringen Streckung ein sehr sinnvoller Trick der Natur. Ob dies beim Modell auch gelingt ist allerdings fraglich, denn dazu währen umfangreiche Versuche im Windkanal notwendig um die richten Einstellwinkel aller Handfedern zu ermitteln.

Steuerung:
Die Steuerung funktioniert wie im Kapitel über den sensorgeteuerten Nurflügel bereits beschrieben. Nur die Höhenruderfunktion habe ich nicht mit auf die Spreizklappenruder aufgemischt, da dies bei vorgepfeilten Flügel nicht sinnvoll ist. Zur Höhensteuerung dient deshalb eine Klappe am Schwanz.

Konstruktion:
Der Aufbau erfolgte in der mir vertrauten Holzbauweise. Hier einige Bilder der Bauphase:

Die Flügel fertig zum Bespannen

Der Rumpf aus Spannten und Gurte (ja ich habe früher Schiffe gebaut)

Antrieb:
Der Abtrieb erfolgt natürlich durch einen E-Motor,welcher von 20 NC-Zellen gespeist wird und sein Drehmoment -erhöht durch ein Getriebe- an die 800mm lange Fernwelle abgiebt.Die Klappluftschraube am Rumpfende des Modells imitiert zusammengeklappt die Füße des Storches und ist somit hinsichtlich der Vorbildtreue kaum störend.

Die ersten Flugversuche: Wie bei meinen Experimentalmodellen üblich, erfolgten die ersten Versuche mit  einem einfachen Kastenrumpf. Diese Vorgehensweise hat sich bewährt und kommt auch den meist nicht zu vermeidenden Reparaturzeiten zu gute.


Das Modell- oder besser nur die Flügel- bereit für die ersten Gleitflugversuche Der erste Flugversuch verlief enttäuschend. Kaum hatte ich den Vogel freigegeben, flog er fast unsteuerbar mit unruhigen Flugbewegungen den Hang hinab. Es schien als ob der Sensor nicht richtig funktioniert. Die Spreizklappen arbeiteten ständig ohne eine Stabilisierung zu erreichen. Zum Glück konnte ich das Modell ohne größere Schäden auf die Erde zurückholen. Die Ursache für das schlechte Steuerverhalten war schnell gefunden. Der Sensor arbeitete in der Wirbelzone des strömungstechnisch nicht sehr vorteilhaften Kastenrumpfes. Aus Gründen der Gierdämpfung ist es notwendig, den Sensor soweit als möglich hinter den Schwerpunkt zu montieren, was ihn aber leicht in den Wirbelbereich des Rumpfes bringen kann. Beim aerodynamisch wesentlich besser gestalteten Storchrumpf dürfte es dabei kaum Probleme geben. Um die Versuche fortzusetzen, montierte ich den Sensor auf einem Mast. Die Flugversuche verliefen nun zufriedenstellend, so daß ich einen E-Motor auf den Versuchsrumpf anbauen konnte. Auch die motorisierten Flüge entsprachen voll und ganz meinen Erwartungen hinsichtlich der Steuereigenschaften, nur die Flugleistungen erinnerten eher an einem verspannten Dreidecker aber dies sollte sich bald ändern.


Der Sensor montiert auf einen Mast, um  dem Wirbelbereich des Rumpfes zu meiden.

Fertigstellung:
Zu meiner Überraschung konnte ich feststellen, daß sich die Flugleistungen mit dem Storchrumpf drastisch verbessert hatten. Zuzuschreiben ist dieser Umstand den harmonischen Flächen- Rumpfübergang welcher den Interferenzwiderstand deutlich verringert. Diese Beobachtung habe ich schon oft bei meinen Vogelnachbauten gemacht, allerdings noch nie so deutlich wie hier. Die Flugleistungen sind jetzt für Thermikflüge bestens geeignet.


Start des Modells beim E-Flugtreffen in Aspach 1998 (Der Schnabel ist übrigens aus Silikon gefertigt , damit der Storch beim Landen nicht zum Maulwurf mutiert.)


Schon nach wenigen Metern nicht mehr vom Original zu unterscheiden

Schlußbetrachtungen:
Mit diesen Modell habe ich schon sehr viele Thermikflüge unternommen. Ein sehr schönes Erlebnis hatte ich 1998 auf der Inter-Ex in Ostrach. Nachdem ich in ca. 200 m Höhe in der Thermik kreiste, gesellten sich plötzlich vier echte Weißstörche mit dazu , so daß wir fast 10 Minuten gemeinsam flogen. Von den anwesenden Zuschauern konnte keiner mehr so recht sagen welcher von den fünf Vögel nun echt oder falsch ist.





Technische Daten: